Fraternitas
 
Emily Jacir wurde 1970 in Santiago in Chile als Kind von palästinensischen Flüchtlingen geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Saudi-Arabien, ihr Studium absolvierte sie in Italien. Sie lebt teilweise von Zeit zu Zeit in Ramallah, Israel, und zu anderer Zeit in New York.
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Seit Beginn ihrer künstlerischen Tätigkeiten schuf sie Werke auf den Gebieten Film, Fotografie, Literatur und Musik.
Ihre Arbeiten sind geprägt von ihrer eigenen Identität, verkörpert durch die Abstammung vom palästinensischen Volk. Es ist daher auch kein Zufall, dass ihre Hauptwerke alle das Thema des Konfliktes zwischen den arabischen Nationen - insbesondere Palästina - und Israel behandeln. "Memorial to 418 Palestinian Villages Destroyed, Depopulated and Occupied by Israel in 1948" wurde 2001 erstmals herausgegeben und stellt alleine durch den Titel eine scharfe Kritik am Vorgehen Israels dar, wie dieses seine politischen Forderungen, beziehungsweise Ziele zu verwirklichen versucht. Es ist bei Leibe kein Geheimnis, dass vor allem in der Vergangenheit palästinensische Zivilisten regelrechten Terrorangriffen israelischer Soldaten ausgesetzt waren. Manchmal auf eigener Faust - manchmal aber auch auf Befehl der Regierung. Mit einem solchen Titel macht die Künstlerin schonungsvoll darauf aufmerksam, was der Westen gegenüber den Palästinensern doch alles versäumt hat. Israel hat zwar seinen Staat - aber die autochtone Bevölkerung konnte nicht vor der Willkür dieses neuen Staates geschützt werden.
Der Ton, der dabei mitschwingt, ist anklagend - aber keineswegs feindlich. Keine Forderungen nach Entschädigung - bloß ein "Gedenken" - "a memorial" - "an die 418 zerstörten palästinensischen Dörfer".
"Where We Come From" lautet der Titel ihres "besten Werkes bisher" - wie Kritiker behaupten. Zur Entstehung dieses Werkes hat eine Art Umfrage beigetragen; Jacir fragte 30 im Exil lebende Palästinenser, welchen Wunsch diese von ihr hätten, den sie in Palästina erfüllen könnte.
Die vorgebrachten Wünsche waren - so war es auch gefordert worden - einfach auszuführen. Ein Mann bat sie, mit dem ersten palästinensischen Jungen, den sie sehen würde, Fußball zu spielen. Ein anderer bat sie darum, das Wasser im Dorf ihrer Eltern zu trinken. Sämtliche Erlebnisse hielt sie auf Video und Foto fest, korrelierend mit Texten, die alles Fehlende, was das Bildmaterial nicht auszusagen vermag, ergänzen.
Zweifelsohne ist sie eine Vertreterin der "Modernen Kunst" und damit ein herausragendes Beispiel dafür, dass "Moderne Kunst" nicht unbedingt ein Farbklecks auf einer Leinwand oder ein Foto von ein paar wertlosen Alltagsgegenständen sein muss. Sie kann auch tiefgründig, intellektuell und höchst politisch sein.